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Cactaceas de ChileCactaceas de Chile

 

 

 

 

Kakteen von ChileKakteen von Chile

 

 

 

 Echinopsis bolligeriana, KulturpflanzeEchinopsis bolligeriana, Kulturpflanze

 

 

 

 

Cacti of ChileCacti of Chile

Echinopsis bolligeriana

„Mein“ Kaktus - Eine Reise in Chile mit Folgen

1996 konnten meine Frau und ich zusammen mit Freunden anlässlich meiner ersten Südamerikareise die Gegend südlich von Santiago de Chile besuchen. Zufälliger Weise gelangten wir bei Pichilemu ans Meer - unser Freund hatte gehört, dass es hier bei "Punta de Lobos" sehr schön sei. Das war der Fall und Ich war erfreut und erstaunt über die zahlreich hier anzutreffenden Kakteen. Leider herrschte an diesem 24.2.1996 eine grosse Trockenheit. Neben säuligen Echinopseen („Trichocereus“) war noch eine Neoporteria vorhanden. Alle Pflanzen sahen vom Trockenstress etwas trostlos gelbbraun aus. Keine Blüten und keine Früchte waren anzutreffen. Während im steilen Kliff die Säulenkakteen aufrecht und hängend-aufgebogen wuchsen, befanden sich oberhalb auf der Kliffebene auch einige grössere liegend-aufrechte Kakteengruppen. In deren Schutz hatten sich Zwiebelgewächse, wahrscheinlich der Gattung Alstroemeria zugehörig,  angesiedelt. Das frische, intensive Rosa der voll erblühten Pflanzen bildete einen überraschenden, fast unrealistisch wirkenden Kontrast zum übrigen Gelbbraun dieser trockenen Landschaft.

Später erzählte ich zu Hause Kakteenfreunden von dieser Kakteenwuchsstelle.  Auch Wendelin Mächler und Helmut Walter erfuhren davon. Walter besuchte den Ort mehrmals zu verschiedenen Zeiten und konnte Habitus, Blüten und Früchte der Echinopsee von diesem Ort studieren und dokumentieren. Gemeinsam beschrieben Walter & Mächler (2003) die Echinopsen-Population von Pta. de Lobos in „Kakteen und andere Sukkulenten“ als neue Art, Echinopsis bolligeriana. Adriana Hoffmann hat in der Zweitauflage ihres Buches über die chilenischen Kakteen, das nun zusammen mit Helmut Walter herausgegeben wurde, dieser neuen Art sogar Platz auf dem Titelbild eingeräumt (Hoffmann  & Walter 2004). Vgl. sidebar nebenan.

Selbstverständlich war ich nicht der erste Entdecker dieser Kakteenart, denn diese Population muss schon längst vielen Einheimischen und Reisenden aufgefallen sein. Während sich diese jedoch nicht weiter damit auseinander setzten, löste mein Besuch eine nähere Untersuchung der südlichsten Echinopsis littoralis nahe stehenden Pflanzen aus. Die grösser wachsende Art Echinopsis chiloensis, welche etwa im Hinterland von Santiago in den Bergen vorkommt, ist auch gelegentlich östlich von Pichilemu anzutreffen , etwa zwischen Marchihue und Esperanza, rund 50km von den Küstenpopulationen der Echinopsis bolligeriana entfernt. Walter & Mächler (2003) zeigten sehr klar die Unterschiede der neuen Art zu den bestehenden verwandten Arten auf. Über die „technische“ Klassifikation und „korrekte“ Nomenklatur kann gestritten werden. Ob nun Art oder Unterart oder Varietät: die Population von Pta. de Lobos hat einige für die Kultur interessante Eigenschaften, wie eine attraktive Wuchsform und sich rot verfärbende Früchte.

Da ich seinerzeit selbst keine Früchte gefunden hatte, besass ich längere Zeit keine eigenen Pflanzen. Zwischenzeitlich bin ich durch die Sämlingsanzuchten von Wendelin Mächler selbst stolzer Besitzer der Art. Und seit diesem Jahr habe ich Samen durch SuccSeed (Mats Winberg) bezogen, von denen einige bereits bestens gekeimt haben.

 Die Art scheint nicht besonders anspruchsvoll zu sein, Blüten sind jedoch erst ab einer gewissen Pflanzengrösse zu erwarten. Durch die Küstenlage der Population ist keine länger dauernde Frosttoleranz zu erwarten. Dafür dringen die Pflanzen in einen Bereich vor, wo regelmässig Meerwassergischt versprüht wird. Diese hohe Salztoleranz könnte die Art als Zierpflanze oder zur Erosionshemmung salzreicher Böden interessant machen.

Der Typstandort direkt am Meer soll 2010 beim grossen Erdbeben durch den ausgelösten Tsunami schwer geschädigt worden sein. Es wir wohl Jahrzehnte dauern, bis sich die Population wieder erneut in alter Schönheit mit meterlangen herunterhängenden Pflanzen präsentieren wird. Die Art ist inzwischen auch infolge von Tourismus und Siedlungsdruck als gefährdet eingestuft worden.

Es freut mich, dass ich zur Kenntnis der chilenischen Kakteen einen klitzekleinen Beitrag leisten durfte. Und als damaliger Leiter der Sukkulenten-Sammlung Zürich war es ja auch eine besondere  Freude, persönlich einen Kaktus gewidmet zu erhalten.

Literatur

Walter, H. & Mächler, W. (2003): Echinopsis bolligeriana W. Mächler & H. Walter, spec. nov.  Eine neue Art aus dem südlichen Zentralchile. Kakteen und andere Sukkulenten 54 (10): 267-273.

Hoffmann, A. & Walter, H. (2004): Cactaceas en la flora silvestre de Chile, segunda edicion. Fundacion Claudio Gay, 307 Seiten.